Geschwätzig am Urbanhafen

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Lachmöwe (Chroicocephalus ridibundus): Im Winter sorgt sie für maritime Stimmung

Junge Lachmöwe guckt sich im Winter Kreuzberg an. Foto: ks

Es sind, das sieht man auf den ersten Blick, sehr hübsche Vögel. Allerdings muss man hier gleich hinzufügen, dass Lachmöwen nur im Winter so wie links auf dem Foto aussehen. Abgebildet ist das sogenannte "Schlichtkleid", das Alltags-Outfit, mit einem weißen Köpfchen, dunkler Schnabelspitze und dem typischen schwarzen Ohrenfleck, das im späten Frühjahr, zur Brutzeit, gegen das eindrucksvollere "Prachtkleid" eingetauscht wird. Dann besitzen die Möwen einen prächtigen dunkelbraunen Kopf mit grellrotem Schnabel. Unsere kleine Möwe, das erkennt man an den hellbraunen Flügeldecken, ist überdies noch keine zwei Jahre alt.

Lachmöwen treiben sich im Sommer gerne im Wattenmeer oder an küstennahen Binnengewässern herum, wandern im Winterhalbjahr allerdings tief ins Landesinnere. Das hat auch mit Veränderungen beim Fischfang zu tun: Werden die leckeren Fischabfälle nicht mehr wie früher in relativer Nähe zur Küste ins Meer geworfen, muss Ersatz gesucht werden - der frisch gepflügte Acker im Hinterland mit seinen Regenwürmern, die Müllkippe, die Kläranlage oder eben die Fußgängerzone mit ihren hochinteressanten Abfallbehältern bieten sich an.

Laut Überlieferung wurde 1870 in Berlin die erste Lachmöwe gesichtet. Inzwischen zählen Vogelkundler von Oktober bis März etwa 8000 Lachmöwen auf Berliner Gewässern, davon allein rund 1500 im Bereich des Landwehrkanals. Da sitzen sie dann in Schwärmen geschwätzig an Urbanhafen herum, kabbeln sich mit ihren Artgenossen und spähen hungrig nach Döner- oder Pizzaresten. Während die Möwen an der Küste inzwischen oftmals als Plage gelten, sind sie hier als Gäste willkommen und verbreiten maritime Stimmung. Zum Schlafen ziehen sich die hübschen weißen Vögel abends übrigens an den Müggelsee oder die untere Havel zurück.

Wäre nur noch zu klären, woher ihr Name kommt. Manche glauben, "Lachen" habe etwas mit ihrem heiseren Geschrei zu tun, das in größeren Gruppen an spöttisches Gelächter erinnere. Genauso wahrscheinlich könnte es aber auch vom althochdeutschen "lacha" herstammen, also "Lache" wie Pfütze oder See (vgl. lateinisch "lacus" und englisch "lake"). Nun ja. Den Möwen ist es egal. Eine von ihnen hat vor langer Zeit mal aus Versehen in einen Lyrik-Band reingeguckt und jetzt glauben sowieso alle, dass sie "Emma" heißen.