Realistisch und visionär

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Clara Herrmann (Die Grünen): Warum ich unbedingt Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg werden will

Clara Herrmann (Grüne). Foto: Die Grünen

Will ich gar nicht. Zumindest nicht „von“. Ich möchte unbedingt Bürgermeisterin FÜR Friedrichshain-Kreuzberg werden. Das ist für den Bezirk und auch für mich ein nicht unerheblicher Unterschied, denn erstens ist Kommunalpolitik für mich ein Teamsport und zweitens wollen die Bürgerinnen und Bürger in Xhain nicht nur alle fünf Jahre wählen, sondern auch zwischendrin mitreden – richtig so!

Friedrichshain-Kreuzberg ist mehr als ein Ort: Xhain ist das Zuhause von über 290.000 Menschen aus über 180 Nationen. Freiräume und Vielfalt, Soziokultur und Wagenburgen, Kammerorchester und Museum – zeichnen uns aus. Unser Bezirk ist Ankunftsort und Sehnsuchtsort für alle, die in einer bunten Gesellschaft leben wollen. Das ist für mich keine Selbstverständlichkeit, sondern ein Auftrag. Ich trete ein für Friedrichshain-Kreuzberg als lebenswertes Zuhause – übrigens auch für Amsel, Breitflügelfledermaus oder Dreistachligen Stichling.

Seit 36 Jahren ist Berlin auch mein Zuhause. Ich bin hier geboren, habe hier studiert, lebe hier mit meiner Familie, meine Kinder wachsen in dieser großen, bunten, manchmal anstrengenden Stadt auf. 2006 bin ich als jüngste Abgeordnete ins Berliner Abgeordnetenhaus gewählt worden. Nach zehn Jahren im Parlament, dort unter anderem im Haushaltsausschuss, bin ich seit fünf Jahren Mitglied des Bezirksamtes als Stadträtin für Finanzen, Umwelt und Kultur und freue mich jeden Tag, wie unmittelbar Kommunalpolitik die Dinge zum Guten verändern kann.

Ob kleine Sachfragen oder große Haltungsfragen, beides wird vor unserer Haustür entschieden. Wir müssen uns trauen, radikal realistische und außergewöhnlich alltagstaugliche Wege zu gehen und dabei immer wieder wunderbar Visionäres ausprobieren. Ob mit Pop-Up-Radwegen oder dem Kampf gegen den Ausverkauf der Stadt – gemeinsam haben wir gezeigt, dass wir uns genau das trauen: neue Wege zu gehen. Dabei ist es die aktive, vielfältige und starke Zivilgesellschaft, die unseren Bezirk mitgestaltet und lebenswert macht.

Die Frage, ob wir die Klimakrise aufhalten können, wird auch bei uns vor Ort entschieden: Radweg oder Blechlawine? Pocket-Park oder Ballermann? Blumenwiese oder Betonwüste? Vielfältige Kiezkultur oder kommerzielle?

Glitzernde Solardächer, ein Park direkt am Landwehrkanal entlang des Halleschen Ufers, Kieze ohne Durchgangsverkehr, Plätze mit Bäumen die Schatten spenden, Kinder, die darunter spielen und mit Wasser planschen, ein Konzert des Kiezchors, die Yogagruppe im Park oder der Literaturkreis im Parklet – Menschen, die den öffentlichen Raum mit Leben füllen, echter Klimaschutz, hohe Lebensqualität, gelebtes Miteinander. Das Draußen ist für alle da!

Franziska Giffey hat Angst davor, dass die Stadt zu sehr „Bullerbü“ wird. Ich kann mir Schlimmeres vorstellen. Wenn es Büllerbü ist, dass Kinder sicher draußen spielen können und der Papa mit dem Kinderwagen, die Seniorin mit dem Rollator, wir alle ohne Hindernislauf über Elektroroller und Hundehaufen entspannt zu Fuß durch unsere Kieze schlendern, dann sage ich: „Mehr Bullerbü wagen!“ Warum Franziska Giffey Angst davor hat, obwohl es auf ihren Plakaten genau so aussieht, bleibt ihr Geheimnis.

Ich bin viel mit Friedrichshain-Kreuzberger*innen im Gespräch und freue mich über all die Anliegen und Anfragen, die mit mir geteilt werden. Auch wenn wir nicht immer alle einer Meinung sind und die Prozesse manchmal anstrengend sind: Das gemeinsame Ringen um die beste Lösung, statt Basta und Ende, das macht uns in Friedrichshain-Kreuzberg aus. So verstehe ich auch das Amt der Bürgermeisterin: Ansprechpartnerin für alle sein, Verständigung ermöglichen, gemeinsam Lösungen finden, mutig gestalten und gegenüber dem Land und dem Bund die Interessen des Bezirks klar und deutlich vertreten. Damit wir in Friedrichshain-Kreuzberg bleiben können, wie wir sind: ein bisschen widerspenstig, besonders charmant und immer in Veränderung.

Clara Herrmann (Bündnis 90/Die Grünen)