Über die Erleichterung, wenn einmal etwas funktioniert
War alles ganz einfach. Vor zwei Wochen einen Termin bei meiner Hausärztin ausgemacht. Kein ewiges Abhängen in einer nervigen Telefonhotline mit Nummerndrücken, den immergleichen Ansagen und blödem Gedudel, keine Webseiten mit der hämischen Botschaft, dass es bis Januar ohnehin keine Impftermine mehr gibt. Einfach hingegangen, "hallo" gesagt, ein, zwei, drei, vier, fünf Monate abgezählt, noch ein wenig geplaudert, Termin bekommen, fertig.
Heute morgen dann eine Riesenschlange auf dem Trottoir - aber eine Schlange, die sich merklich bewegt. Abstand, viele haben bereits draußen eine Maske auf, besorgte Gesichter, nur zwei, drei Drängler fallen negativ auf. Wahnsinns-Orga: eine Frau guckt die Impfpässe, eine zweite checkt Gesundheitskarten, eine dritte digitalisiert. Rechts wird geimpft, links wird geimpft. Super Team.
Große Erleichterung, dass inmitten der allgemeinen Zersetzung, dieses Widersinns, dass eine epidemische Notlage gerade in dem Moment aufgehoben wird, wo sie am größten ist, dass ein Lockdown ausgeschlossen wird, wenn man ihn vielleicht am dringendsten braucht - dass in diesem Chaos, diesem wüsten Durcheinandergeschrei ausnahmsweise einmal etwas funktioniert. Man muss die Ärzte nur machen lassen. Herr Spahn sollte kommen, gucken und staunen. Ja, die Räume der Praxis sind für diese vielen Menschen eigentlich zu klein. Aber dafür kann schließlich niemand etwas. Und am Ende gibt es im Wartezimmer sogar noch Süßigkeiten.
Impfen ist kein Hexenwerk. In einer halben Stunde, Anstehen inklusive, ist alles vorbei. Jetzt sitzen wir da, bewundern mit glänzenden Augen den neuen Eintrag im Impfpass wie eine seltene Briefmarke, die in der Sammlung noch fehlte, spüren dem kleinen Pieks im Oberarm nach und warten auf die tödlichen Nebenwirkungen. Kleiner Scherz.
Info: Wer über Boostern nachdenkt, zumal mit zweimal Astra im Rücken, sollte diese beiden Texte kennen: eins und zwei (hier bitte herunterscrollen bis Figure 2). Und das hier.