Senat lässt kostenlose Schutzmasken an Bedürftige verteilen
Es ist nur ein kleines, unauffälliges Kellerfenster. An der Scheibe klebt ein Zettel: "Hier Maskenausgabe! Bitte anklopfen bei geschlossenem Fenster. 9 - 17 Uhr." Wenn man dann klopft, öffnet eine freundliche Mitarbeiterin, und wäre man jetzt knapp bei Kasse, bekäme man gratis fünf hellblaue OP-Schutzmasken ausgehändigt. Beim Nachbarschaftshaus in der Urbanstraße geht das seit Montag so - allerdings sind nicht alle zufrieden. Gerade taucht ein Mann auf und verlangt hochwertigere FFP2-Masken. Davon gibt es nur wenige, für Schwerkranke, wie Mitarbeiterin Sylvia freundlich erklärt. "Alles klar, na die anderen hab ich schon", sagt er enttäuscht und geht.
Seit letztem Wochenende sind in Berlin im ÖPNV, beim Einkaufen, aber auch in Gottesdiensten medizinische Masken vorgeschrieben - dazu gehören die sogenannten FFP2-Masken mit besonders guter Filterwirkung, aber auch rechteckige, gefaltete OP-Masken. Beide sind teurer als die Alltagsmasken, die bisher meistens getragen wurden. Und sie sind Einwegprodukte, müssen also ständig nachgekauft werden. Deshalb wird seit längerem darüber diskutiert, wie Menschen mit wenig Geld mit solchen Masken versorgt werden könnten. So forderte das "Aktionsbündnis Solidarisches Kreuzberg" schon im Dezember kostenlose FFP2-Masken für Obdachlose.
Anfang der Woche hat der Berliner Senat nun 3,5 Millionen Schutzmasken verteilen lassen, allein 277.000 davon gingen an den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Sie sind für Menschen bestimmt, die Hartz IV, Leistungen der Grundsicherung, Hilfe zum Lebensunterhalt, Hilfe zur Pflege, Wohngeld, Eingliederungshilfen, Kinderzuschlag oder BAföG beziehen. Jeder bekommt fünf Stück, verlangt wird ein BerlinPass oder ein Leistungsbescheid. Es handelt sich fast ausschließlich um OP-Masken, die Verteilung im Bezirk übernehmen Netzwerkpartner (vgl. Liste unten). Die Senatsverwaltung für Arbeit und Soziales selbst, so Sprecher Stefan Strauß, kümmere sich um die Ausgabe an Wohnungslose und Geflüchtete über die Kältehilfe und das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten.
Wer sich umschaut, bekommt den Eindruck, dass die Verteilung gut und angenehm unbürokratisch funktioniert. Beim Mehrgenerationenhaus in der Gneisenaustraße empfängt Sarah Albert ihre Kunden besonders herzlich. "Wohnen Sie in Berlin?", fragt sie als erstes. Ungefähr 50 Leute schauen am Tag vorbei, erzählt sie. "Sie sind alle sehr froh, dass sie Masken bekommen. Und oft entstehen dabei nette Gespräche." Der Kotti e.V. gibt in der Dresdner Straße und im Stadtteilzentrum Familiengarten Masken aus. Die kostenlose Verteilaktion sei prima, heißt es - aber eben auch keine dauerhafte Lösung. "Fünf Masken, die haste ein paar Stunden auf, dann kannste die wegschmeißen. Das ist unbefriedigend." OP-Masken gibt es übrigens auch im Zentrum gegen Ausgrenzung und Armut in der Gitschiner Straße 15. Ganz unabhängig vom Senat hat Jürgen Horn dort 2000 Stück von der Diakonie bekommen. "Wenn einer welche braucht, kriegt er sie", sagt er.
Kostenlose Schutzmasken in Kreuzberg (offizielle Liste):
- Nachbarschaftshaus Urbanstraße e. V.; Urbanstr. 21, 10961 Berlin; Mo-Fr von 9 bis 17 Uhr
- MGH Gneisenaustraße; Gneisenaustr. 12, 10961 Berlin; Mo-Fr von 12 bis 17 Uhr
- MGH Wassertor; Wassertorstr. 48, 10969 Berlin; Mo-Fr von 13 bis 16 Uhr
- Kotti e.V.; Dresdner Str. 10, 10999 Berlin; Mo, Di, Do von 10 bis 16.30 Uhr und Fr von 10 bis 13 Uhr
- AWO Begegungszentrum; Adalbertstr. 23 a, 10997 Berlin; Mo-Fr von 9 bis 15 Uhr
- Kreuzberger Stadtteilzentrum; Lausitzer Str. 8, 10999 Berlin; Mo, Mi, Do und Fr von 12 bis 16 Uhr
- Inti Haus; Friedrichstr. 1, 10969 Berlin; Mo-Fr von 11 bis 15 Uhr
Update 03.02.2021: Nach Angaben des Bezirks wurde von den insgesamt 285.000 vom Senat bereitgestellten Schutzmasken mittlerweile rund die Hälfte verteilt. Abgesehen von den 14 offiziellen Verteilstellen in Friedrichshain-Kreuzberg seien auch in ca. 50 Einrichtungen der Eingliederungshilfe sowie in Unterkünften für Obdachlose welche ausgegeben worden. Sozialstadtrat Knut Mildner-Spindler: "Die Entscheidung, die Masken dezentral vor Ort in Wohnortnähe zu verteilen, hat sich als richtig erwiesen."