Gewitzt und gesellig

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Star (Sturnus vulgaris): Imitiert Rasenmäher, Hundegebell oder Klavierkonzerte

Junger Star denkt darüber nach, ob er nach Süden fliegen soll oder den Winter doch lieber in Berlin verbringt. Foto: ks

Auf den ersten Blick schaut der Star ein bisschen wie eine Amsel aus. Er ist aber keine. Tatsächlich ist er etwas kleiner, der Schnabel fast so lang wie der Kopf, vor allem aber sind Stare nicht durchgängig schwarz oder dunkelbraun gefärbt, sondern beeindrucken durch ihr seidig-metallisch glänzendes Gefieder. Zur Balz im Frühjahr tragen sie elegantes Schwarz-Grün-Blau, das Prachtkleid, ab Spätsommer dann das lustig mit weißen Punkten getüpfelte Schlichtkleid, das aber auch ziemlich prächtig anzusehen ist.

Häufig hört man Stare, bevor man sie entdeckt. Irgendwo sitzen sie im Gebüsch herum, schmatzen, schnalzen und pfeifen geschäftig vor sich hin und dann kommt immer wieder dieses steil abfallende, leicht depressive "tjürr", "tjürr", daran sind sie gut zu erkennen. Stare können ganz wunderbar andere Vogelstimmen und Geräusche imitieren, Hundegebell zum Beispiel oder Rasenmäher. So besaß Wolfgang Amadeus Mozart Berichten zufolge einen Star, der Teile seines Klavierkonzerts Nr. 17 in G-Dur zwitschern konnte. Und der Berliner Konzeptkünstler Wolfgang Müller nahm in Norwegen Stare auf, die nach seiner Meinung die "Ursonate" des Dadaisten Kurt Schwitters zum Besten gaben. Wer weiß!

Der Star gilt als keck, gewitzt und ideenreich. Er ist ein überaus geselliges Wesen: Abgesehen von der Brutphase lebt er in Schwärmen. Während Amseln einsam und missvergnügt durch die Gegend hüpfen, trippeln Stare in Trupps über die Wiese, wo sie nach Regenwürmern und Käfern suchen und sich auch gerne auf dem Rücken weidender Tiere niederlassen. Abends sammeln sie sich an Bäumen oder Stromleitungen und fliegen geschlossen zum gemeinsamen Schlafplatz. Dort bilden sie große Wolken mit vielen Tausend bis zu einer Million Tieren, aus der die Stare schließlich schlauchförmig abwärts stürzen - was aus der Entfernung einem Tornado ähnelt. Bis 2014 gab es in den Kastanien am Berliner Dom so einen Schlafplatz mit bis zu 80 000 Vögeln.

Ähnlich imposante Formationen bilden Stare, wenn sie von einem Falken, Habicht oder Sperber angegriffen werden. Wie manchmal auch bei Fischen zu beobachten, zieht sich der Schwarm dann in perfekt synchronisierten Bewegungen ruckartig zu annähernd Kugelform zusammen und wechselt dabei mehrfach spontan die Richtung, ohne dass Vögel kollidieren. Die riesige schwarze Wolke schaut plötzlich wie ein einziger, bedrohlicher, sich einheitlich bewegender Organismus aus - zuweilen sogar wie ein großer Vogel. Ein überaus spektakuläres Naturschauspiel.

In Berlin leben an die 25 000 Stare. Wenn sie im Garten nach Raupen und Schnecken picken, lieben wir sie. Machen sie sich hingegen in großen Schwärmen über Kirschbäume her, schon sehr viel weniger. Als Zugvögel verbringen sie den Winter üblicherweise im Mittelmeerraum oder in Nordwestafrika. Ihr Erscheinen im März gilt nicht nur im Volkslied als Frühlingssignal. Vor allem in Großstädten bleiben aber inzwischen viele Stare auch während des Winters hier.