Gamma-Eule (Autographa gamma): Gerade noch rechtzeitig die Tomaten gerettet
Nachdem hier kürzlich die Schwarze Bohnenlaus (Aphis fabae) ihren großen Auftritt hatte, meldeten sich einige Leser und meinten, jetzt sei es aber genug mit den Insekten und sie hätten gerne wieder etwas Größeres. Ein Nilpferd beispielsweise oder ein Krokodil. Ja, schon, wir tun unser Bestes. Aber andererseits hat mogblog ein Herz gerade auch für die kleinen, oft vernachlässigten Tiere und folgt dem Slogan: "Geht es den Insekten gut, freut sich der Mensch!" Das gilt (s.u.) natürlich nicht ganz ohne Einschränkungen.
Heute morgen marschierte eine grüne Raupe über den heimischen Balkon. Und hinterließ eine Schneise der Vernichtung. In einem Pflanzkübel hatte vor ein paar Tagen etwas Weidenröschenartiges das Licht der Welt erblickt. In der Nacht war die Raupe darüber hergefallen, hatte reinen Tisch gemacht und alles ratzeputz aufgefressen. Nichts blieb übrig außer einem traurigen Stängel und zu seinen Füßen ein Haufen graue Kügelchen. Raupen-Scheiße offenbar. Es muss mächtig gut geschmeckt haben. Mittlerweile nahm das grüne Ungeheuer Kurs auf die Tomatenkübel und war nur noch einen halben Meter davon entfernt.
Raupen zu bestimmen ist verteufelt schwierig. Fachleute warten deshalb gerne, bis der fertige Falter schlüpft, dann ist es einfacher. Vielleicht eine Fransenmotte, was sich da auf der Blumenerde aus dem Baumarkt krümmt? Oder ein Kleiner Frostspanner? Tatsächlich ist es eine Gamma-Eule (Autographa gamma) - erkennbar auch daran, dass sie vorne drei, aber hinten nur zwei und ein weiteres Beinpaar besitzt, weshalb sie bei der Fortbewegung wie die Spannerraupen einen imposanten Katzenbuckel machen muss. Gamma-Eulen sind eigentlich Nachtfalter, aber auch tagsüber unterwegs, tarnen sich meisterhaft und sehen ein bisschen aus wie ein dürres Blatt.
Wer glaubt, so eine aufgeblähte, vollgefressene Raupe sei ein unbewegliches Ding, das sich mühsam vorwärtswindet, liegt übrigens völlig falsch. Katzbuckelnd gleitet sie mit einer geradezu rasanten Geschwindigkeit dahin. Mitunter reckt sie den vorderen Teil wie eine Kobra empor und sucht mit kreisenden Bewegungen gierig nach Fressbarem - wobei sie sich dabei offenbar mehr auf den Tastsinn als auf die Augen verlässt. Gamma-Eulen-Raupen sind kluge Tiere: Bei kleineren Gefahrensignalen (Pflanzkübel wird angehoben und auf den Tisch gestellt) stellen sie sich einfach tot. Bei größerer Gefahr (Raupe wird von Pflanzkübel auf Transportpapier umquartiert) rollen sie sich zusammen.
Nur mit der Kommunikation hapert es etwas. Mensch und Insekt sehen einander auf kürzeste Entfernung in die Augen (tatsächlich hat es vorne zwei kleine, augenartige braune Punkte). Kommt ja sonst nicht so häufig vor. "Glaubst du, dir gefällt es auf der Terrasse der Nachbarin genauso gut wie auf meinem Balkon?" - "Hunger!" - "Bist du glücklich?" - "Hunger!" - "Hast du herausgefunden, was der Sinn des Lebens ist?" - "Hunger!" - Hmmmh.