Tauwurm (Lumbricus terrestris): Nicht nur Gärtner, auch Maulwurf und Amsel lieben ihn
Es gibt nichts, was das Herz eines Gärtners höher schlagen lässt als ein Regenwurm. Ringelt sich beim Umgraben so ein schleimiger Geselle zufällig an die Oberfläche, dann weiß er: Es hat sich gelohnt! Einwegtaschentücher, Glasscherben, Kronkorken, Pizzaverpackungen, Bremsenabrieb und Hundepisse haben nicht den Sieg davongetragen! Trotz widrigster Umstände ist am Straßenrand ein Stück Erde entstanden, in der sich leben lässt.
Tatsächlich kann man sich einen willkommeneren Gast gar nicht vorstellen. Ein Regenwurm gräbt und frisst praktisch ununterbrochen. Blind und taub wühlt er sich drei Meter tief durch die Erde, kompostiert alte Blätter, düngt mit seinem nährstoffreichen Kot das Straßenbegleitgrün, sorgt für unterirdische Belüftung und schichtet die Nährstoffe um. Und das alles ganz freiwillig und umsonst!
Von den hierzulande verbreiteten mehr als 40 Arten ist der Gemeine Regenwurm oder Tauwurm am häufigsten. Er wird bis zu 30 cm lang und gilt mit seinem rötlichen Vorder- und dem blasseren Hinterteil vor allem unter empfindsamen Gemütern als ziemlich eklig. Regenwürmer sind übrigens Zwitter: Jeder von ihnen hat Hoden und Eierstöcke. Bei der Paarung legen sie sich Kopf zu Schwanz nebeneinander und beide penetrieren sich gegenseitig.
Es ist keine gute Idee, so einen Wurm aus Jux mit dem Spaten in zwei Teile zu trennen. Entgegen dem verbreiteten Vorurteil überlebt das hintere Ende keineswegs und auch das vordere nur, wenn es lang genug ist. Seinen Namen hat der Regenwurm vermutlich daher, dass er so »rege« ist. Er könnte aber auch daher kommen, dass die sonst eher im Verborgenen lebenden Tiere bei Regen massenhaft an die Oberfläche drängen.
Warum sie das tun, ist nicht ganz klar. Erst dachte man, dass das Wasser ihre Gänge überflutet. Wahrscheinlicher ist aber, dass sie die trommelnden Regentropfen mit den Erschütterungen verwechseln, die Maulwürfe beim Graben verursachen. Regenwürmer können Maulwürfe gar nicht leiden. Aus gutem Grund: Die beißen den Würmern den Kopf ab und schleppen sie dann als lebenden Vorrat in ihren Bau.
An der Oberfläche kommt der arme Wurm aber leider häufig vom Regen in die Traufe. Außer dem für ihn tödlichen UV-Licht wartet dort oft eine hungrige Amsel. Die macht nicht viele Umstände, zerlegt ihn flugs in handliche Teile, nimmt sie in den Schnabel und fliegt davon.
Marie Hoepfner
Super schöner Beitrag über den Tauwurm. Wie immer mit Charme, Humor und informativ geschrieben.