mogblog übt sich in der Kunst des Fährtenlesens
Schnee ist eine feine Sache. Da kann man lustige Schneemänner bauen, mit dem fast vergessenen alten Schlitten in der Gegend herumrutschen oder einfach nur romantisch in die weißen Flocken starren. Aber nicht nur das! Wenn Schnee liegt, geben sich mitunter heimliche Mitbewohner zu erkennen, die man sonst eher selten oder gar nicht zu Gesicht bekommt. mogblog hat sich warm angezogen und ist im Großstadtdschungel auf Spurensuche gegangen. Wildes Kreuzberg hier einmal als "Winter Special".
Für den naturfernen Großstädter schaut es auf den ersten Blick vielleicht wie die Spur eines Hasen aus. Aber es ist ein Eichhörnchen. Das Eichhörnchen hoppelt jedoch genauso wie ein Hase, dabei setzt es im Sprung die größeren Hinter- vor die kleineren Vorderpfoten, ist in diesem Fall also von rechts oben nach links unten unterwegs.
Der Abdruck hat die Form eines Trapezes (mit der breiten Seite voran) und lässt sich eigentlich nicht verwechseln. Eichhörnchen ruhen im Winter gerne in ihrem Kobel, kommen aber ab und zu herunter, wenn sie Langeweile haben oder Hunger und sich aus ihrem Nussvorrat bedienen wollen. Wenn sie all die leckeren Nüsse bloß wieder finden würden! Man erkennt ihre Fährte dann sehr gut daran, dass sie immer an einem Baum beginnt und an einem anderen Baum endet. Bei Neuschnee kann man schön die Abdrücke der einzelnen Pfoten sehen.
Natürlich gibt es auf unserem Lieblingsfriedhof - denn dort laufen wir gerade herum - auch einen Fuchs. Aber Füchse sind schwierig, weil sich auf dem Friedhof auch viele dort eigentlich verbotene Hunde tummeln, und Fuchs und Hund lassen sich nur schwer unterscheiden. Andererseits sind die meisten Hunde eben doch angeleint, laufen brav neben ihrem Herrchen oder Frauchen her oder sind zumindest in enger Nachbarschaft mit unübersehbaren Stiefelabdrücken unterwegs.
Fachleute erkennen den Fuchs an seinen Pfotenabdrücken, dem sogenannten Trittsiegel: Seine Zehenballen sind ein wenig anders angeordnet und stehen weiter auseinander als bei einem kleinen Hund - dazu muss man aber auch erst einen schönen, frischen Abdruck finden. Wir begnügen uns hier mit dem typischen "Schnüren", dem schnellen Trab eines Rotfuchses: Im Gegensatz zu Hunden setzen Füchse ihre schmalen Füße dann in einer direkten Linie hintereinander, so dass eine fast gerade Laufspur entsteht mit Abdrücken wie an einer Perlenkette.
Was vergnügt sich sonst noch alles im winterlichen Dauerfrost? Jede Menge Mäuse. Wenn der Schnee hoch ist, springen sie von Ort zu Ort, dann stehen die Pfoten nebeneinander, die Beinchen schleifen durch die Flocken und vor allem sieht man in der Mitte den nachgeschleppten Schwanz (unten kann man das prima erkennen). Ist die Schneedecke nach ein paar Tagen gefroren, sinken sie nicht mehr so tief ein und das Schwänzchen hinterlässt beim Landen nur noch einen kleinen Kringel. Wegen dieser Spuren dürfte es sich hier um Echte Mäuse handeln, also die mit großen Augen und Ohren und eben langen Schwänzen wie zum Beispiel die ziemlich häufigen Waldmäuse. Experten könnten wohl allein aus dem Studium der Fährte die genaue Spezies bestimmen. Mäuse benutzen übrigens gerne autobahnähnliche Schnellverkehrstrassen - das Beitragsbild vorne auf der "Aktuelles"-Seite zeigt eine davon.
Und dann hat mogblog noch etwas ganz Besonderes entdeckt: Eine Spur, die sich einfach in Luft auflöst! In der unteren Bildhälfte stakst ein unbekanntes Tier gemächlich von rechts nach links, darüber vermutlich ein ähnliches in gleicher Richtung. Es macht einen Bogen, auf das braune Blatt zu - und plötzlich ist es einfach weg! Verschwunden! Wo ist es hin? Und was ist das für ein seltsames Lebewesen?
Wahrscheinlich eine Amsel. Rechts gerade außerhalb des Fotos befindet sich unter ein paar Büschen eine Futterstelle für Vögel, die von Friedhofsbesuchern dankenswerterweise immer wieder aufgefüllt wird. Vermutlich ist die Amsel nach der üppigen Mahlzeit erst noch ein bisschen herumstolziert und dann einfach weggeflogen. Man übersehe bitte nicht, wie hübsch sich die Spuren der Flügel beim Abheben im Pulverschnee erhalten haben!
Als es Anfang der Woche noch einmal zu schneien begann, zum letzten Mal in diesem Winter, war mogblog am nächsten Morgen unterwegs, um nach Spuren zu suchen, bevor dann das große Tauwetter kam und alle verräterischen Hinterlassenschaften ausgelöscht hat. Tja. Diesmal war es tatsächlich kein Eichhörnchen, sondern ein Hase. Oder sagen wir besser: etwas Hasenartiges.
Ist für den Laien nicht ganz so einfach, Hase und Kaninchen zu unterscheiden. Ein Feldhase ist deutlich größer und immer alleine unterwegs, wurde bisher in Berlin aber vor allem im Osten gesichtet. Wildkaninchen leben in Kolonien, haben prägnantere Trittsiegel und stöberten letzten Sommer im Prinzenbad herum. Wir tippen also auf ein verirrtes Kaninchen.
Dann guckte noch ein Wiesel (erkennbar am trapezförmigen kleinen Abdruck) müde aus seinem Bau heraus, suchte gähnend beim Müllbehälter eine Weile nach Essbarem und verschwand wieder. Ein paar Stunden später begann es zu regnen und der Vorhang fiel. Aber was für eine großartige Vorstellung! mogblog applaudiert allen Teilnehmern und hofft, dass es in Kreuzberg bald wieder einen Winter mit geschlossener Schneedecke gibt.
MM
Bravo! Grandios!
Das ist Detektivarbeit.