Früher half Mampe angeblich sogar gegen die Cholera
Von der Bergmannstraße aus geht es noch ein paar Meter bergauf, an einer mobilen Corona-Teststation vorbei, dann kommt eine Einfahrt und ein altes Fabrikgebäude aus roten Backsteinen. Hier wohnt der kleine weiße Elefant. Mampe. Klingelt es da bei wem? Bittere Tropfen? Halb & Halb? Schnaps von Mampe war einst das absolute Berliner Kultgetränke und dominierte die Eckkneipen. Nach einer langen, ruhmvollen Geschichte verpasste die Marke jedoch um 1980 herum den Anschluss. Schade drum, fand der Werbefachmann Tom Inden-Lohmar und wagte 2012 einen Neuanfang. Am Tempelhofer Berg 6 in Kreuzberg. Geschäftsführer Florian Löhlein führt uns herum und erklärt die neue Manufaktur.
Löhlein: Das ist eigentlich eine Weißbierbrauerei. Drüben im Nachbargebäude ist der Tiefbrunnen mit den entsprechenden Filtern. Später hauste hier die Schultheissbrauerei und bis 1974 war Braubetrieb. Zwischenzeitlich gab es noch ein Möbelhaus und eine Autolackiererei und -werkstatt. Aber die Werkstatt hat daraus ein schwarzes Loch gemacht. Der Tom Inken-Lohmar hat damals an der Wand gekratzt und gefragt: Was kostet denn das Ding, wenn man das mieten würde für zehn Jahre? Dann sind wir eingezogen, haben hier alles hübsch gemacht und angefangen, das alte gute Zeug von Mampe wieder herzustellen. So, bevor wir weiterquatschen, müssen wir jetzt das 190 Jahre alte Rezept gegen die Cholera, mit dem Mampe gegründet wurde, mal kurz probieren.
mogblog: Ich bin nicht hierhergekommen, um mich am frühen Morgen ... Danke schön. Mmmh. Ein Bitter.
Das ist ein Kaltauszug, eine sogenannte Mazeration. Mit den "Bitteren Tropfen" hat man dann versucht, die Cholera zu bekämpfen, mehr oder weniger erfolgreich. Man hat sich jahrelang bemüht, sie zu verkaufen, was aber schwierig war, weil das ist kein Mainstream. Mainstream wurde es 1892, als das Produkt verbessert wurde, weil man bemerkt hat, dass das nicht trinkbar ist. Man muss Pomeranzenlikör zuführen, das war die Lösung, also etwas Süßes. Halb & Halb. Halb bitter, halb süß. Zum Wohl!
Oh, das ist jetzt etwas ganz anderes. Eine spannende Mischung. Das ist wie ...
Das ist fantastisch, also wir lieben das! Das kann man im Gegensatz zum Bitter auch warm trinken. Was wir haben, ist die Produktklasse Amaro. Likör heißt: zehn Prozent oder mehr Zucker. Die Bitteren Tropfen: null Prozent Zucker. Und nun hatte das Unternehmen ein Produkt, das sich verkaufen ließ. Was macht man dann? Man stellt fähige Leute ein. Zum Beispiel den Robert Exner im Bereich Marketing. Der hat sich gefragt: Wie krieg ich das bekannt? Und hat Sachen ausprobiert und erfunden, die vorher noch keiner versucht hat.
Wir sehen auf diesem Foto eine Probierstube am Kudamm. Wir haben hier das Franchise-System erfunden. Die Guten Stuben waren eine der ersten Organisationen, die Franchise hatten. Die Kneipe bekam als Mampe-Stube Ausstattung und Getränke. Und dann hat der Herr Exner gesagt: Mensch, das klingt ja alles ganz schön, aber wir brauchen ein sympathisches Wappentier, das Größe und Stärke ausstrahlt. Und ist shoppen gegangen und hat Elefanten gekauft, zwei Stück. Beim Einkaufen hat man sich total vergriffen und der eine war ein ganz kleiner, der niemals größer werden würde. Was dafür gesorgt hat, dass die Berliner, wenn sie in den Zoo gegangen sind, immer etwas zu lachen hatten.
Panini kennen Sie? In den Probierstuben gab es auch monatliche Sammelmarken, immer wenn Sie vorbeikamen, als Zeichen der Dankbarkeit für Ihre Treue. Und der junge Herr hier auf dem Foto, der Joseph Roth, hat dort seinen "Radetzkymarsch" fertiggeschrieben. Nach zwei oder drei Mampe Halb & Halb scheint man irgendwie kreativ zu werden und kommt in Stimmung. In den achtziger Jahren haben wir sogar Rennsport gesponsert, 77/78 die Hertha-Trikots zusammen mit Adidas, 78/79 mit Puma. Sehr erfolgreich. Wenn Sie sich erinnern, als Mampe eingestiegen ist, war Hertha auf Platz 14, und als die Saison beendet war, auf Platz drei. Man könnte fast sagen: Der Elefant hat der alten Dame Dampf gemacht!
Und das hier an der Wand? Da sind viele Schilder mit Namen!
Wir sagen immer scherzhaft: Diejenigen, die sich an Mampe totsaufen, kriegen bei uns in diesem Stein ihre Urne und das entsprechende Schild dran. Ganz im Ernst: Die Sparkasse, zu der wir gegangen sind, um Mampe wieder in seine Heimat zu bringen, die hat gesagt: Super Idee - aber Finanzierung ... bah. Da war Crowd-Funding das Gebot der Stunde. Das haben wir nicht erfunden, aber vor einigen Jahren gab's noch nicht so viel davon. Und man konnte eben sagen: Für ein paar Euro bin ich dabei, für ein paar mehr Euro hab ich sogar einen goldenen Stein. Die haben wir alle wieder zurückgezahlt, also es ist niemand schlecht rausgekommen.
Wie kommt der Schnaps nun in die schwarzen Steingutflaschen?
Ganz grob gesagt haben wir zwei Verfahren. Wir legen den Alkohol ein, die Bitteren Tropfen kommen da raus, wir destillieren aber auch selbst, Wacholder zum Beispiel. Dann arbeiten wir mit regionalem Weizenfeindestillat, mit dem wir unsere Produkte mischen. Sie sehen, von wegen Maschinen gibt es nicht sehr viel, es ist ja eine Manufaktur. Beim Abfüllen arbeiten wir mit Schwerkraft und per Hand. Die kleine Flasche hier, die läuft voll aus dem Tank. Man setzt einen Korken und eine Schrumpfkapsel auf, dann wird die Flasche mit unserem Schrumpfkapselverschließgerät verschlossen. Dieses Holzbrett ist unsere Etikettiermaschine, es wird noch die Chargennummer aufgebracht und natürlich nicht zu vergessen unser Siegelwachs und dann haben wir hier ein von Anfang bis Ende handwerklich gefertigtes Produkt.
Wo kommt der kleine, weiße Elefant an der Flasche her, werden Sie fragen. Der kommt von einem Viermannbetrieb aus dem Süden von Berlin. Kordeln lassen wir die in den Justizvollzugsanstalten von Berlin. Da machen wir immer so ein Männer-gegen-Frauen-Ding, also wir haben Männer-Justizvollzugsanstalten und wir haben eine für Frauen, wir geben denen ein paar Elefanten und dann gucken wir, wer schneller ist. Die machen das auch total gerne mit, weil das halt eine Beschäftigung ist, die den harten, langweiligen Gefängnisalltag aufheitert.
Heute gibt es keine "Gute Stuben" mehr. Wo kann man Mampe kaufen?
Das volle Sortiment kriegen Sie beim Lehmann Getränkehandel, der hat wirklich alles, sogar den Fliegercocktail mit einer 90-jährigen Geschichte. Bei Rewe gibt es die üblichen Mampe-Produkte, Edeka um die Ecke hat auch ziemlich viel. Bei Getränke-Hoffmann sind wir stark. Am Anfang haben wir uns auf die Region Berlin beschränkt. Aber man kann einem Hamburger nicht zumuten, dass er für eine Kiste Halb & Halb extra nach Berlin fährt. Jetzt ist es unser Ziel, dass wir wieder in die Gläser der Deutschen kommen. Die kennen uns ja noch! Meine Großeltern in Bayern, die hatten Mampe auch gekannt.
Heute haben wir Fans bei denen, die uns schon immer kennen, so 45 plus, bei denen, die in Berlin in der Gastronomie unterwegs sind, auch in den Klubs, aber wir machen auch etwas mit der jungen Generation über zwei, drei coole Influencer, die auf uns aufmerksam geworden sind. Da kann man auch eine Markenbekanntheit aufbauen. Unsere Zielgruppe ist der Mainstream, Mann, Frau, jung, alt – mit dem besonderen Produkt, was ja nicht ganz günstig ist, aber dafür einfach toll. Wir können auch richtig krass gutes Zeug machen. Den Halb & Halb haben Sie ja schon probiert. Wir können den auch fünf Monate lang in ein mit Apricot Brandy vorbelegtes Eichenfass legen und schauen, was dann passiert. Zum Wohl! Das würde man in der Fabrik nicht machen, das geht nur in der Manufaktur.
Der ist milder. Die sind viel näher beieinander. Bitter und süß. Die haben schon was miteinander angefangen. Der ist gut! Der ist wirklich gut!
Wir mögen den auch. Meine Frau ist größter Fan. Wir haben hier diese tolle Möglichkeit, Sachen ganz individuell zu machen, auch für den Kunden, der etwas Eigenes haben will. Deshalb sagen wir: Mensch, komm zu uns und dann werden wir hier an diesem Tisch gemeinsam gucken, wir sprechen miteinander und in 45 Minuten haben Sie ihren eigenen Gin gemacht. Die Alkoholstärke und die Wacholdernote, die Süße und dann die Geschmacksnoten, bis zu vier verschiedene, die man auch schmecken kann. Das ist dann Ihre eigene Flasche, die es nur einmal auf der Welt gibt.
Aber nur hier vor Ort, haben wir gemerkt, das ist blöd. Deshalb gibt es jetzt diese Möglichkeit über unsere Internet-Seite auch für die Couch daheim. Sie legen fest: So viel Alkohol, so viel Wacholder - so wie man ein Auto konfiguriert. Danach kriegen wir das Rezept und unser Produktionsleiter, unterstützt von zwei Barkeepern mit ihrer riesengroßer Erfahrung, macht dann die individuelle Flasche. Nur für Sie. Sie können auch noch bestimmen, wie er heißen und was draufstehen soll. Zum Beispiel: Mein Papa ist der beste der Welt. Also: „Bester Papas Gin“. Fertig.
Vielen Dank für die geistigen Getränke und das Gespräch!
Kontakt: Mampe Spitituosen GmbH
Rainer Harms
Hey Danny,wir hatten Gin mit Wunschetikett bei euch bestellt, leider habt ihr den Namen falsch gedruckt, richtig wäre Agentur Incognito, nicht incogniti.
Bitte schick uns das richtige Etikett.
An Rainer Harms Peter str 3 in 19348 Sükow