Aber die beliebte Kneipe in der Großbeerenstraße macht dicht
Es ist schon ziemlich traurig. Überall stehen Gläser herum, einzeln oder in Schachteln, zahlreiche Flaschen mit diversen geistigen Getränken natürlich, Kerzenhalter, niedliche Putten und anderer Kitsch. Vorne an der Theke die hölzernen Kneipenstühle sind schon alle verkauft. Auch die schönen Gemälde von Gerhard Tenzer an den Wänden müssen weg. Alles muss weg!
Bei Dodo in der Großbeerenstraße ist großer Ausverkauf. Am 31. Oktober war der letzte richtige Kneipenabend, jetzt sind Rolf Jungklaus und Harald Haefker noch freitags, samstags und sonntags von 16 bis 19 Uhr vor Ort, um möglichst viele Sachen zu verscherbeln. Zum Jahresende geben sie dann den Schlüssel ab. Das Dodo war einmal.
Warum? Wegen Corona. Damals, beim ersten Lockdown im März, fing es an. Immer wenn er den SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach im Fernsehen sah, erinnert sich Dodo-Inhaber Jungklaus, "konnte ich die ganze Nacht nicht mehr schlafen. Im Nachhinein muss ich aber sagen, dass der immer recht hatte. Und mir wurde langsam klar: Ich muss damit rechnen, dass wir's nicht schaffen." Es ist eine einfache Rechnung: Die Unkosten für die Kneipe liegen im Monat bei rund 2700 Euro. Nun weiß niemand, wie lange der Lockdown dieses Mal dauern wird. "Wir tappen sehenden Auges in eine Schuldenfalle. Der Laden ist zu klein, als dass man das, wenn alles wieder hochfährt, jemals wieder rausholen kann. Wir kriegen ja auch nicht mehr Leute rein und können die Preise nicht verdoppeln."
Trotzdem wirkt Jungklaus ganz gefasst: "Es hätte schlimmer kommen können." Der Mietvertrag läuft Ende des Jahres ohnehin aus, so dass die beiden vielleicht sogar einigermaßen schuldenfrei herauskommen. Aber weil der Vermieter keine Kneipe mehr haben will, sind die Anfangsausgaben verbrannt. Und natürlich ist es jammerschade - immerhin war das Dodo acht Jahre lang im Kiez eine Institution. Einmal die Woche Open Stage, mindestens einmal die Woche Konzert, dazu mal Bingo, mal Quiz, kein Halloween, kein Rosenmontag, kein Silvester ohne den ausgestorbenen Vogel aus Madagaskar, welcher dem Lokal seinen Namen gab. Von Fête de la Musique und Karneval der Kulturen ganz zu schweigen.
Wenn man Jungklaus nach den Highlights in diesen acht Jahren fragt, fällt ihm als erstes die legendäre Gegenpapst-Wahl ein. Und dann hört er gar nicht mehr auf zu erzählen. Da waren einmal ein Vater und seine Tochter aus Köln für die Open Stage angemeldet und trafen dann im Dodo ganz zufällig einen Nachbarn, der in Köln gerade mal drei Häuser weiter wohnt. "Die schönsten Abende waren eigentlich immer die, wo sich solche Kreise geschlossen haben. Oder wenn auf einer Open Stage, das hatten wir auch einmal, ein Pakistani, eine ältere Dame aus Heidelberg und ein junges Mädchen aus Irland gemeinsam 'Hallelujah' von Leonard Cohen sangen. Da geht mir das Herz auf und ich möchte, dass die ganze Welt so ist!"
P.S.: Jetzt wollen natürlich alle wissen, ob der Dodo auch verkauft ist. Keine Sorge: Es geht im gut! Das Wappentier ist Freunden versprochen, wo er laut Jungklaus im Vorgarten stehen wird und "wo wir häufig hinkommen".
Kontakt: Dodo
Arabel
Das tut mir so leid! Ich war nicht oft da, trotzdem hatte das Dodo einen tollen, weltoffenen, lustigen Flair. Es wird dem Kiez fehlen. Viel Glück für die Betreiber!