Eine Krankheit mit Namen U 7

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Ständig kommen U-Bahn-Züge zu spät, fallen aus oder sind kürzer als sonst

Seltener Gast und immer voll: U 7. Fotos: ks

Wer sich ein bisschen auskennt, der ahnt das Unheil schon beim Blick auf die Anzeigetafel. Eigentlich sollte die nächste U-Bahn in genau fünf Minuten eintreffen – tatsächlich kommt sie aber erst in zwölf. Die Folgen sind dramatisch: Bis dahin ist der Bahnsteig am Mehringdamm rappelvoll, der grellgelbe Zug ist es aber auch.

Also zwängen sich ein paar Passagiere mühsam raus, ein paar andere quetschen sich rein. Als der Zug schließlich abfährt, ist der Bahnsteig so voll wie zuvor. Ein komfortabler ÖPNV, der vielleicht noch zum Umsteigen vom Auto auf die Bahn animiert, schaut anders aus.

Die Ursachen für das Desaster bei der Berliner U-Bahn liegen mehr als ein Jahrzehnt zurück. Vor allem fehlt es an Zügen. Nach einer Auflistung der »Berliner Morgenpost« besaß die BVG im Jahr 2001 genau 1.403 U-Bahnwagen. Heute sind es nur noch 1.322, davon sind die ältesten 62 Jahre alt. Gleichzeitig stieg aber die Zahl der Fahrgastfahrten deutlich – allein in den vergangenen zehn Jahren um 25 Prozent. Dazu kommen Probleme wie zu wenig Personal, Türstörungen, ein gesperrter Betriebstunnel und Materialmängel.

Besonders betroffen von den Problemen scheint die U 7, die Lebensader im Kiez. Züge fallen aus, kommen zu spät oder sind kürzer als sonst. Hört man sich um, ist der Ärger enorm. Ein Bekannter fährt nur noch U-Bahn, wenn er »unbedingt muss«.

Die BVG sagt: »Sehr geehrte Fahrgäste! Es tut uns leid!«

Eine Frau fühlt sich schon von ihrer Umgebung abgehängt, weil »man sich auf die U-Bahn ja nicht mehr verlassen kann«. Aber die BVG hat reagiert. Flötete bisher eine attraktive Frauenstimme in einem Tonfall, als würden gleich die Weihnachtsgeschenke verteilt: »Der Zugverkehr ist zur Zeit unregelmäßig«, gibt sich jetzt ein Mann traurig und zerknirscht: »Sehr geehrte Fahrgäste! Es tut uns leid!« Das hilft natürlich niemandem.

»In den vergangenen Jahren wurde viel zu wenig in die Infrastruktur und Züge investiert. Das rächt sich heute durch viele Störungen und Ausfälle«, gibt Dorothee Winden von der Senatsverwaltung für Umwelt und Verkehr zu. BVG-Sprecher Markus Falkner nimmt die U 7 in Schutz: Die Zuverlässigkeit liege dort bei 98 Prozent. Aber auch er weiß, dass »jeder Zug, der nicht fährt, für die Fahrgäste ärgerlich ist«.

Zunächst wird es kaum Abhilfe geben – ganz im Gegenteil. Am Südende der U 7 nervt Schienenersatzverkehr, wegen einiger Weichen am Wittenbergplatz werden im Januar und Februar auch noch Teile der U 2 und U 3 gesperrt. Nun droht in der ganzen City-West ein Verkehrschaos. Die BVG will irgendwann im Frühjahr den Fahrplan stabilisieren und die Taktfolge ausdünnen. Wirklich besser werde es aber wohl erst um die Jahre 2022 / 2023 herum, meint Jens Wieseke vom Fahrgastverband IGEB: »Wenn man am falschen Ende spart, führt das eben zu solchen Situationen.«