Nach der Rekommunalisierung fordern die Mieter der Wrangelstraße 66 jetzt mehr Mitspracherechte
Oben im ersten Stock klebt ein buntes, aufmüpfiges Plakat. Sonst schaut die Wrangelstraße 66 aus wie ein gewöhnliches Jugendstilhaus. Ist sie aber nicht. Hier hat der Bezirk Ende 2015 erstmals das kommunale Vorkaufsrecht ausgeübt – seine Geheimwaffe, um Mieter vor geldgierigen Immobilienhaien zu schützen. Inzwischen gehört das Haus der kommunalen Gewobag AG.
Joachim, 54 Jahre, erinnert sich noch gut an die Ungewissheit, als die 30 Wohnungen an einen privaten Investor aus Luxemburg verkauft werden sollten. Die Bewohner fürchteten Mieterhöhungen und wandten sich an den Bezirk. »Es war ein langer Weg, am Ende hat’s geklappt«, sagt Joachim. »Die Verwaltung hat sich wahnsinnig engagiert.« Besonders dem damaligen Grünen-Baustadtrat Hans Panhoff ist er »unendlich dankbar«.
Erst war die Euphorie groß. »Das Haus wird Gemeingut«, bloggte die Hausgemeinschaft. Nun ist Gemeingut in Händen einer kommunalen Gesellschaft so eine Sache. Tatsächlich hat sich für die Mieter gar nicht so viel geändert. Sie müssen keine Angst mehr haben, weggentrifiziert zu werden, das schon. Aber die Miete ist gerade so hoch wie zuvor und ihre Position als Mieter hat sich nicht wirklich verbessert.
Deshalb fordert der Hausverein nun von der Gewobag mehr Mitspracherechte. Er will mitentscheiden, wer neu einzieht, bei Instandhaltung und Modernisierung angehört werden, bei der Vergabe von Gewerberäumen ein Wort mitreden. Vielleicht wäre auch ein sozialer Träger mit betreutem Wohnen für Jugendliche und Alleinerziehende nicht schlecht?
»Wir haben ja einen Verein«, heißt es. »Wir wissen, was in dem Haus gut läuft und was nicht. Die Gewobag macht viele Dinge, die nicht richtig zielführend sind.«
Der Hausverein Wrangel 66 e.V. ist mit seinen Ängsten und Wünschen nicht allein. Ein paar Meter weiter, in der Wrangelstraße 77, gab es vor Kurzem nach einer versuchten Besetzung einen heftigen Polizeieinsatz. Anfang April demonstrierten Zehntausende gegen hohe Mieten. Auch kommunaler Besitz, so das Bündnis »Kommunal & selbstverwaltet Wohnen«, sei nicht dauerhaft vor Privatisierung sicher. Gefordert wird deshalb die Kollektivierung von Grundstücken und Immobilien in den Händen eines »Bodenrates«.