In der Mittenwalder ist am 7. September zum siebten Mal großes Straßenfest
Das Fest ist ganz bewusst nicht-kommerziell – das heißt, die Rostbratwurst ist erschwinglich und die anderswo üblichen Billigprodukte aus Fernost fehlen sowieso. Am Samstag, 7. September, von 12 bis 22 Uhr ist wieder Straßenfest in der Mittenwalder Straße. Zum siebten Mal übrigens – schon eine kleine Tradition.
Organisiert wird das Fest vom Verein »mog 61 – Miteinander ohne Grenzen«. Einer der Höhepunkte ist ein knallrotes Feuerwehrauto der Wache Urban, an dem vor allem Kinder ihr Vergnügen haben dürften. Es gibt Bachi-Ki-Do-, Aikido- und Capoeira-Vorführungen, ein Kinderprogramm mit Clowndame Julchen und andere spannende Mitmachaktionen. Außerdem den fast schon traditionellen kostenlosen Fahrradcheck.
Dazu natürlich eine große Bühne mit Live-Musik, auf der in diesem Jahr unter anderem die Musikschule BKMZ Musik aus Anatolien präsentieren wird. Das Lesezelt, das letztes Jahr so großen Anklang fand, wird es ebenfalls wieder geben. Die Künstlerinnen Maria M. Hahmann und Kerstin Zobus stellen im Rahmen der ART Kreuzberg auf dem Fest ihre Werke vor.
Und Essen und Trinken? Erstmals werden in diesem Jahr äthiopische Speisen angeboten. Singhalesisch, italienisch, türkisch, Rostbratwürste sowieso. Bier auch.
Zum siebten Mal
Marie Hoepfner ist Vorsitzende des mog 61 e.V., der das Mittenwalder Straßenfest organisiert.
Was ist das Besondere am diesjährigen Straßenfest?
Wir haben zum ersten Mal äthiopisches Essen. Darauf freue ich mich ganz besonders. Insgesamt sind wir sehr multikulturell aufgestellt: Die türkische Musikschule ist mit dabei. An einem Stand wird ein Friseur die Haare schneiden. Er ist ein Geflüchteter, und wir wollen so zeigen, dass Integration funktioniert.
Was war diesmal am schwierigsten?
Weil die Standgebühren so niedrig sind, melden sich immer wieder Leute an und springen dann in letzter Minute ab. Das ist für uns schwierig zu koordinieren. Außerdem gibt es eine große Baustelle in der Straße. An einer anderen Stelle waren Tiefbauarbeiten geplant, die wurden glücklicherweise verschoben.
Funktionierte der Kontakt mit dem Ordnungsamt?
Seit 2013 werden wir vom Ordnungsamt Friedrichshain-Kreuzberg immer, immer unterstützt. Ohne diese Hilfestellung wäre so ein Fest nicht zu machen.
Wie wird das Straßenfest überhaupt finanziert?
Wir bekommen keine institutionelle Förderung und sind komplett auf Spenden angewiesen. Wichtigster Baustein dabei ist die kräftige Unterstützung durch »Aktion Mensch«. Von Stromnetz Berlin bekommen wir nicht nur den elektrischen Strom, sondern auch den Anschluss umsonst. Das wären sonst mehr als 2000 Euro. Dafür bedanken wir uns sehr.
Gibt es auch wieder den legendären Fahrradcheck?
Ja. Die Idee ist, dass die Leute ihr Fahrrad mitbringen. Wir gucken dann, ob alles in Ordnung ist. Kleine Reparaturen können kostenlos vor Ort erledigt werden, bei größeren Sachen gibt es eine Empfehlung fürs Fachgeschäft.
Kannst du in der Nacht vor dem Fest überhaupt schlafen?
Ja, das geht schon. Es ist ja mittlerweile das siebte Straßenfest, das wir organisieren, und vieles ist inzwischen Routine geworden. Obwohl im letzten Moment immer wieder Probleme entstehen, wo man sie vorher am wenigsten erwartet hat.
Nicht nur für Kinder
Wer glaubt, Bachi-Ki-Do sei nur eine Sache von Muskelkraft und von roher Gewalt, liegt ganz falsch. »Es geht darum, sich selbst zu finden«, erklärt Ralf Bartzsch. »Um Fragen wie: Wer bin ich? Bin ich stark? Durch das Training soll Selbstbewusstsein entstehen und Ausstrahlung, damit man gar nicht erst in schwierige Situationen kommt.«
Der 65-Jährige hat Bachi-Ki-Do begründet und aus anderen chinesischen Kampfkünsten für moderne Zeiten weiterentwickelt. Auf dem Straßenfest gibt seine Kampfsportschule Proben ihres Könnens.
Gleich daneben breitet der Kranich Dojo vom Mehringdamm seine Matte aus und demonstriert Aikido – eine traditionelle japanische Kampfkunst, bei der ebenfalls Konzentration, Disziplin und Selbstbehauptung im Mittelpunkt stehen. Und der Capoeira Angola e.V. ist mit einer Kampftanz-Show vertreten. Capoeira stammt aus Brasilien und wurde dort während der Kolonialzeit von aus Afrika verschleppten Sklaven praktiziert.
Außerdem gibt es auf dem mog-Straßenfest wieder viele spannende Mitmachspiele für Kinder mit Clowndame Julchen, Kinderyoga und einen kreativenTextildruck-Workshop – der ist aber auch für interessierte Erwachsene.
Essen & Trinken
Zum ersten Mal ist auf diesem Straßenfest ein Stand mit original äthiopischem Essen vertreten. Ethiopia Mandefro vom »Little Ethiopia« in der Gneisenaustraße 63 serviert leckere Speisen auf Injera, dem leicht säuerlich schmeckenden Fladenbrot, das in Afrika traditionell auf einem heißen Stein gebacken wird. Vegan mit Linsensoße, Grünkohl, Weißkohl, Karotten und Kartoffeln oder mit scharfem Rindfleisch und mildem Hüttenkäse.
Aber das ist nicht alles: Außerdem gibt es leckere Gemüse- und Fleischgerichte aus Sri Lanka, gut gewürzte türkische Köfte direkt vom Grill, italienische Kleinigkeiten und natürlich die klassische Rostbratwurst im Brötchen mit Ketchup oder Senf. Und »ganz, ganz viel Kuchen«, wie mog-Chefin Marie Hoepfner versichert.
Und zu trinken? Fassbier ohne Ende, spanische Weine von »Wein & Vinos«, Cocktails, Raki, die üblichen Softdrinks und selbstverständlich Kaffee.
Knallrote Feuerwehr
Auf der Feuerwache Urban in der Wilmsstraße ist neben der Berufsfeuerwehr auch eine Abteilung der Freiwilligen Feuerwehr stationiert. Mit ihren 19 Mann und einer Frau rückt sie immer aus, wenn die hauptberuflichen Kollegen Unterstützung brauchen. Deshalb müssen Ausbildung und Qualifikation genauso gut sein wie bei der Berufsfeuerwehr. Die freiwilligen Feuerwehrleute haben ständig einen Piepser dabei und im Alarmfall sind sie innerhalb von 30 Minuten einsatzbereit.
Ihr Schmuckstück und Hauptarbeitsmittel ist ein Lösch- und Hilfsfahrzeug (LHF) 16/12, das speziell für die Großstadt entwickelt wurde. Es hat einen Löschwassertank mit 1200 Litern, Pumpe, Schaummittel und jede Menge technische Geräte an Bord. Das knallrote Feuerwehrauto ist eine der Hauptattraktionen dieses Straßenfestes. Kinder können sich die Technik erklären lassen und auch darin herumklettern.
»Natürlich kann es bei so einem Einsatz auch mal gefährlich werden«, gibt der stellvertretende Wachleiter Dominique Schimo Auskunft. »Aber aufgrund unserer Ausbildung ist das ein kalkuliertes Risiko. Im Grunde leben wir hier den Traum jedes kleinen Jungen aus.«
Kultur im Lesezelt
Auch diesmal gibt es auf dem Straßenfest wieder ein Lesezelt. Die Idee stammt vom Carpathia Verlag und stieß im vergangenen Jahr auf große Resonanz. Autoren und Autorinnen von Kleinverlagen im Kiez und anderswo lesen zwischen 15 und 20 Uhr aus ihren Werken, jeder eine halbe Stunde lang. »Wir wollen damit Kultur auf die Straße bringen und gleichzeitig die Vielfalt des Programms unabhängiger Verlage zeigen«, so Carpathia-Chef Robert S. Plaul. Das Programm:
15:00 Nadire Biskin: »Flexen. Flâneusen* schreiben Städte« (Verbrecher Verlag)
15:45 Carsten Zehm: »Operation Romulus« (acabus Verlag)
16:30 Maik Gereckes: »Zerschlagen« (VHV-Verlag)
17:15 Kathrin Wildenberger: »ZwischenLand« (Verlag duotincta)
18:00 Thilo Bock: »Der Berliner ist dem Pfannkuchen sein Tod« (Satyr Verlag)
18:45 Tibor Baumann: »Was du nie siehst« (Carpathia Verlag)
19:30 Marion Alexa Müller: »Die unterschätzte Kunst des Scheiterns und weitere Mysterien im Leben von Menschen und anderen Kleintieren« (Periplaneta Verlag).
Und weil wir schon bei der Kultur und beim Lesen sind: Natürlich ist auch die Redaktion des Stadtteilmagazins "Kiez und Kneipe" auf dem Fest mit einem eigenen Stand vertreten.
Musikprogramm
13:30 Barny and the Pale Blue Dot Arkestra
(Jazz / Soul / R&B / Rap)
Barny ist ein alter Bekannter, der schon auf früheren Straßenfesten mit dabei war. Jetzt hat er sich eine Band zugelegt. Neben Gesang und Keyboards gibt es nun auch Gitarre, Schlagzeug und Bass.
15:00 Bildung Kultur Musik Zentrum e.V.
(Musik aus Anatolien)
Das BKMZ von Müzik Okulu ist eine Musikschule in der Mittenwalder Straße 15. Es treten Kinder, Jugendliche und Frauen auf und natürlich darf auch getanzt werden!
17:00 Melodi
(Pop und Balladen)
Melodi ist 17 Jahre alt und macht eine Ausbildung als Altenpflegerin. Sie singt auf Englisch – zum Beispiel den berühmten Song »Hallelujah«.
17:30 DJ Mixanthrope
(Afrikanische Musik zum Tanzen)
DJ Mixanthrope kommt aus Frankreich und legt afrikanische Musik auf, die er auf ausgesprochen kreative Weise verändert. Kenner der Szene sagen über ihn: »He loves shaking dancefloors with african voices, electronic beats and tropical grooves.«
19:30 Pirilampos Experimental Flights
(Musik mit südafrikanisch-brasilianischen Wurzeln)
Pirilampos spielten diesen Sommer beim »Karneval der Kulturen«. Meditative Gedichte treffen auf heiße Rhythmen, traditionelle afrikanische Instrumente auf modernen Pop.
21:00 Orquesta Randalera
(Swing / Latin / Rock / Jazz / Funk)
Das Orquesta Randalera beweist, dass Humor und Musik zusammengehören. Die witzigen spanischen Texte machen sich über das nicht immer einfache moderne Leben lustig, und die Musik reißt selbst den mit, der nicht besonders gut Spanisch versteht.