Blässhuhn (Fulica atra): Gar kein Huhn, sondern eine Ralle
Wenn so ein Blässhuhn auf einen zugeschwommen kommt, ähnelt es ein bisschen der Quietschente in meiner Badewanne. Ja gut, es ist nicht grellgelb, sondern schwarz, und kippt auch nicht ständig auf die Seite, weil sein Schwerpunkt zu hoch liegt. Kraxelt es dann umständlich aus dem Wasser und stolziert ein wenig am Landwehrkanalufer herum, denkt man: Vielleicht doch eher, wie der Name schon besagt, ein Huhn? Aber nein, das Blässhuhn ist kein Huhn, sondern eine Ralle, meinen die Ornithologen, und gehört damit zu den Kranichvögeln.
Blässhühner sind angenehme Zeitgenossen. Bei Stress klappern sie laut mit dem Schnabel, aber sonst nerven sie wenig. Spektakulär ist das Tauchen. Man kann deutlich sehen, wie sie sich einen Moment zusammennehmen und konzentrieren - wie jemand, der gleich vom Drei-Meter-Brett springt. Und zack, schon sind sie mit dem Kopf voran unter Wasser verschwunden. Blässhühner tauchen bis zu acht Meter tief, da ist der Landwehrkanal keine Herausforderung. Manchmal ploppen sie ein Stück entfernt überraschend wieder an die Oberfläche, worauf die Lachmöwen erschrocken und ganz empört zur Seite flüchten.
Trotz der Nahrungskonkurrenz scheinen die Vögel am Urbanhafen ganz gut miteinander auszukommen. Ab und zu muss ein aufgerichteter Alpha-Schwan mit wildem Flügelschlagen beweisen, dass er nun wirklich der allergrößte, allerweißeste Alpha-Schwan aller Zeiten ist. Davon fühlt sich die restliche Wasservogel-Gesellschaft dann so peinlich berührt, dass alle vor lauter Fremdschämen betreten zur Seite gucken. Die Stockenten sind paarweise unterwegs und machen in aller Ruhe ihr Enten-Ding, Lachmöwen schaukeln zu Hunderten auf dem Wasser und schauen neugierig bis optimistisch in die Zukunft. Geht es um Hierarchien, scheinen Enten und Möwen den Blässhühnern auszuweichen, wenn diese es darauf anlegen. Blässhühner wiederum können recht giftig zu ihresgleichen sein, dann wieder schnäbeln zwei verliebt miteinander. Ist ja auch langsam Paarungszeit.
Blässhühner sind Wintergäste. Wegen der befestigten Ufer können sie im Landwehrkanal nicht brüten, im Sommer stören die Schiffe mit ihrem Wellenschlag, die Menschen und Hunde sowieso. Aber im Winter ist es dort wärmer als anderswo und es gibt Nahrung in Hülle und Fülle - Brotstückchen, die Familien mit Kindern und einsame RentnerInnen vor allem zur eigenen Ergötzung tonnenweise ins Wasser werfen. Was davon zu halten ist, steht zum Beispiel hier.