Und alle singen: "Saule, Pērkons, Daugava!"

Nachdem Kreuzberg wochenlang im Regen versank, zeigt sich jetzt wenigstens ab und zu ein Stück blauer Himmel. Trotzdem war's das wohl mit dem Sommer. Eigentlich wollte mogblog dieses Jahr ja die Sonnenwende im Baltikum verbringen, im Licht der berühmten weißen Nächte, wo jeder Grashalm abends um elf meterlange Schatten wirft. Aber immer kam was dazwischen. Die Tomaten auf dem Balkon, um die sich wer kümmern muss. Räder für Ukrainerinnen. Und und und. Sehr schade! In Riga fand im Juli nämlich das Lettische Sing- und Tanzfestival statt, das es nur alle fünf Jahre gibt. In der "Welt" hat Werner Bloch hinreißend davon berichtet: "Das Wunder von Riga".
Zehntausende Menschen singen und tanzen zehn Tage lang. Sie singen "Put, Vejini" ("Blase, Wind!") - ein lettisches Volkslied, das gesummt wurde, als die Sowjets die Nationalhymne verboten hatten. Und es war auch eine "Singende Revolution", dank der 1991 die letzten russischen Panzer abzogen. Während unsereins sich vor der Steuererklärung drückt, über Elektroroller schimpft und ein Löwe das Sommerloch füllt, der eigentlich ein Wildschwein ist, stehen dort 18 000 Menschen mit Blumenkränzen auf dem Haupt und leuchtenden Gesichtern auf der Bühne und singen "Saule, Pērkons, Daugava". Frei übersetzt: "Die Sonne ist unsere Mutter. Der Strom Düna tröstet uns im Schmerz. Und der Donner, der die Teufel besiegt - das ist unser Vater!" Was für ein Land.
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