Liebes Bier, komm zu mir!

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Über die Wiederauferstehung der Außengastronomie

Liebes Bier / komm zu mir! / Und der Aperol / ist auch ganz toll! Foto: ks

Und wie war es nun, das erste Wiedersehen mit dem Lieblingsrestaurant und der Lieblingskneipe nach diesem langen, entbehrungsreichen Corona-Winter? Kalt war es am Pfingstwochenende, bitterkalt, und geregnet hat es auch. Kluge Leute hatten dicke Pullis angezogen, vielleicht sogar den Wintermantel noch einmal hervorgeholt, und kluge Wirte hielten ganze Stapel von Wolldecken parat. Hatte man sich dann draußen einigermaßen eingerichtet und griff nach der Speisekarte, wurde einem erst so richtig bewusst, wie lang dieser lange Winter gewesen war.

Am Freitag, 21. Mai, durften Berliner Gaststätten im Außenbereich wieder Gäste bewirten. Zuvor war nur ein Hindernis zu bewältigen. Ein Corona-Schnelltest. Corona? Schnelltest? Geht vielleicht einmal in die kollektive Erinerung ein als eine interessante neue Zivilisationstechnik. Kitzelt ein wenig, dauert nicht lang und kostet nichts. Wichtig für den Hetero-Mann allerdings, dass es eine junge, attraktive Frau ist, die ihm mit einem Wattestäbchen das Nasenloch penetriert. Läuft nach einer knappen Viertelstunde dann die Negativ-Mail auf dem Smartphone ein, bedeutet das eine Art Absolution und nicht mehr und nicht weniger als 24 Stunden Freiheit. Hätte man sich alles vor ein paar Jahren niemals vorstellen können.

Also das erste Bier! Das erste Fassbier nach langer Abstinenz war vielleicht nicht ganz so kalt, wie es hätte sein sollen. Aber der Teller mit der Bruschetta entschädigte dafür. Die leckeren halben Brötchen! Tomatenstückchen! Zwiebeln! Knoblauch! Rucola! Geriebener Käse! Der leicht säuerliche Geschmack! Mitten im pulsierenden Großstadtleben, zwischen mitfühlenden Freunden, die natürlich prompt ein, zwei Scheiben abhaben wollten, dahinbrausenden Autos auf der Straße und geschäftigen Elektrorollern auf dem Trottoir! Wenn einer dann - wegen Abnehmen - einige Tage zuvor gar nichts gegessen hatte, fiel die Begeisterung nur umso größer aus.

In der Lieblingskneipe um die Ecke lief es dann ganz anders. Schmallippig und mit Abstand hockten die Pärchen an ihren Tischen. Mal hier ein karges "Hallo" zur Begrüßung, mal dort eines. Als wäre gestern erst November gewesen und jetzt würden die Gespräche von damals genau an dem Punkt wieder aufgenommen, wo sie damals endeten. Dann schien es wieder so, als sei man in eine seltsame, absurde Schauspielaufführung geraten, bei der alle nur vorgaben, die Kneipen seien geöffnet und in Wirklichkeit hätten sie immer noch zu. Denn Herumschlendern und allen möglichen Leuten ein Gespräch Reindrücken - weshalb man eigentlich, mal abgesehen vom Alkohol, in Kneipen geht - war ja verboten. Erst als nach ein paar Tagen im kleinen Kreis beschlossen wurde, das nicht mehr so eng zu sehen, konnte man sich endlich wieder nach Herzenslust lautstark und stundenlang über absolute Nichtigkeiten streiten.

Und was sagen die Wirte über das erste Wochenende? Wie erleichtert sie sind, ist in ihren Gesichtern zu erkennen. Es herrscht gedämpfter Optimismus vor, notgedrungen. Natürlich wisse keiner, hört man, ob nicht schon im Herbst die nächste Welle und damit auch der nächste Lockdown droht. "Freitag war richtig, richtig voll", hieß es am Pfingstmontag bei Nonne & Zwerg in der Mittenwalder Straße. "Schön, endlich die Leute wiederzusehen. Samstag haben wegen des Wetters viele abgesagt und gestern war es okay. Warten wir mal ab, was jetzt im Herbst kommt!" Und zu den aufwändigen Formalien wie Schnelltest kontrollieren und Gästeliste: "Das kostet Zeit, aber die Gäste ziehen mit!"