Kein Spielplatz, sondern eine "Konsumentenstelle"
Armseliger und liebloser geht es kaum. In einem Oval aus mächtigen Felsbrocken stehen zwei traurige Schaukelpferde herum, die mit ihren bunten Metallspiralen früher vielleicht einmal niedlich waren, inzwischen aber eher abgewirtschaftet und schäbig wirken. Sie schauen sich nicht an, weitere Spielgeräte sind ohnehin nicht vorhanden. Das viele Laub auf dem Sand könnte mal jemand zur Seite räumen, denkt man. Und entdeckt dann in einer Ecke gleich drei, vier Spritzen und andere Fixer-Utensilien.
Herzlich willkommen auf dem Kinderspielplatz beim Verkehrsgarten am Erkelenzdamm.
Kinderspielplatz? "Das ist kein Spielplatz, das ist eine Konsumentenstelle", empört sich eine junge Frau, die gerade ihren Kinderwagen vorüberschiebt. "Es ist gruselig! Da sitzen ständig Leute herum, die trinken, und Drogensüchtige." Mit ihrer fünfjährigen Tochter benutzt sie den Platz schon lange nicht mehr: "Wir gehen da gar nicht hin." Glücklicherweise gebe es in der Nähe schönere Spielplätze. Und glücklicherweise habe ihre Tochter noch nie eine Spritze angefasst. Einige Junkies würden die Nadel nach dem Schuss übrigens netterweise in einen Baum rammen, damit sich niemand daran verletzt. "Immerhin", sagt sie.
Über den Absturz des Areals herrscht im Viertel offenbar Einigkeit. Auf den Grünanlagen-Schildern haben Anwohner das Wort "Kinderspielplatz" mit bösen Anführungszeichen versehen, andere haben "Kill Cops Now" draufgesprayt, Verpackungsmüll aus einem Schnellimbiss liegt herum. Im September hatte die Berliner Morgenpost sehr drastisch über ein illegales Zeltlager auf dem Platz berichtet, das offenbar inzwischen geräumt wurde. "Warum haben diese Menschen Vorrang vor Kindern?", beschwerte sich damals ein Anwohner wütend und fühlte sich vom Bezirk sehr alleingelassen.
Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann hat sich inzwischen per Twitter zu ähnlichen Zuständen auf einem anderen Spielplatz geäußert. "Wir werden leider auch die Spielplätze umzäunen und abschließen müssen", schrieb sie. Umzäunen? Abschließen? Diese ungewöhnliche Idee wirft natürlich Fragen auf. Was sollen das für Zäune sein? Wer bekommt dafür einen Schlüssel? Und was sagt das über eine Gesellschaft aus, die ihre Kinder gleichsam hinter Gitter stecken will, weil der öffentliche Raum anscheinend zu gefährlich für sie geworden ist? Auf dem Bezirksamt hieß es dazu, die entsprechenden Planungen seien noch nicht abgeschlossen.