Mieter in der Mittenwalder Straße schlagen Alarm
Die Tage zuvor klebten schon überall gelbe Zettel an den Eingängen. "Unser Zuhause ist keine Ware", stand da und darunter ein durchgestrichener Einkaufswagen mit einem Häuschen drin. Irgendwann wusste es dann jeder im Kiez: Am Freitag um 17 Uhr ist Demo in der Mittenwalder Straße! Im Versammlungskalender der Polizei stand es auch schon. Und natürlich waren die improvisierten, mit Parolen bemalten Bettlaken unübersehbar - an der Nummer 46 mit der strengen, eleganten Jugendstilfassade und an der Ecke, Nummer 12, wo früher einmal George's Späti war.
Der Auftakt fiel sehr dramatisch aus. Eine junge Frau trat vor den Hauseingang der Nummer 46 und sagte schlicht: "Wir sind die Mittenwalder 46 und 12 und wir wurden verkauft!" Nach Schilderung von Bewohnern gingen die beiden Häuser vor Kurzem im Paket an den schwedischen Immobilienkonzern Heimstaden. Nun liegt die Mittenwalder Straße im Milieuschutzgebiet, deshalb sind derzeit offenbar heftige Verhandlungen über einen möglichen Vorkauf durch Dritte im Gange. "Da stehen wir gerade im Prozess, zwei Wochen haben wir noch", berichtete eine Mieterin. Offenbar mit guten Aussichten: "Wir sind optimistisch, dass der Vorkauf gelingt!"
An die 100 Sympathisanten waren gekommen und füllten die Straße. Innerhalb von 13 Jahren sei das Haus bereits fünfmal verkauft worden, wurde berichtet. Eine ältere Frau erzählte von Modernisierungen, Erneuerung der Fassade, Heizung, Wärmedämmung und neuen Bädern. Vor knapp 40 Jahren habe sie für rund 40 Quadratmeter lediglich 188 D-Mark kalt bezahlt. Nach der ersten Modernisierung fast doppelt so viel und inzwischen ungefähr diesen doppelten Betrag in Euro. Kein Wunder, dass jetzt alle neue Mieterhöhungen befürchten. Derweil zog die Demo die Mittenwalder Straße hinauf und hinunter und am Ende wieder zur 46 zurück, wo es sogar noch einen kleinen Umtrunk gab.
Angesichts der bevorstehenden Wahlen war auch viel Politikprominenz vertreten. Cansel Kiziltepe (SPD) und Canan Bayram (Grüne) wollen wieder in den Bundestag, Katrin Schmidberger (Grüne) ins Abgeordnetenhaus. Sie warben in längeren Beiträgen für ihr Anliegen und versprachen Unterstützung. Turgut Altug (Grüne) verzichtete auf eine Rede, war mit seinem bunten Wahlkampf-Lastenrad aber ohnehin unübersehbar. Die betroffenen Mieter empfahlen sich als Anknüpfungspunkt für eine mögliche Vernetzung, machten aber auch deutlich, wie schwierig und kraftraubend so ein Kampf um die Zukunft seines Zuhauses ist. "Im Moment ist Vorkauf ein Glücksspiel", hieß es, "viele haben Pech und nur ganz wenige Glück!" Dabei dürfe es nicht bleiben: "Wir brauchen ein Instrument, um Mondpreise zu verhindern!"
Kontakt: Mittenwalder 46 und Mittenwalder 12