Grüne und Linke halten dem umstrittenen Kreuzberger Baustadtrat weiter den Rücken frei
Der Bericht des Landesrechnungshofs hat es in sich. Die Behörde wirft dem Kreuzberger Baustadtrat Florian Schmidt nicht mehr und nicht weniger als ein "pflichtwidriges Ausüben von Vorkaufsrechten" vor. Er habe das Baugesetzbuch missachtet, heißt es dort, habe dem Bezirk ein Risiko in Höhe von mehr als 27 Millionen Euro aufgebürdet, zusätzlich seien Zahlungsverpflichtungen in Höhe von 270.000 Euro entstanden. „So geht es nicht“, sagte Präsidentin Karin Klingen laut "Tagesspiegel" bei der Vorstellung des Jahresberichts Anfang Oktober.
So geht es nicht - das dachten wohl auch einige Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlung (BVV), genauer: SPD, CDU und FDP, und brachten gleich drei Abwahlanträge gegen den Verfechter des kommunalen Vorkaufsrechts auf den Weg. Schmidt hatte sich schon im Mai 2019 im Zusammenhang mit den Parklets in der Bergmannstraße eine Missbilligung eingefangen, damals mitgetragen von den Linken. Zu einer förmlichen Abwahl hätte es aber eine Zwei-Drittel-Mehrheit gebraucht - nicht sehr wahrscheinich angesichts der 20-köpfigen Fraktion von Bündnis 90 / Die Grünen bei insgesamt nur 55 Sitzen.
Der Baustadtrat habe das Vertrauen in ihn "nachhaltig beschädigt, wenn nicht sogar zerstört", klagte Michael Heihsel (FDP) bei der zweiten Aussprache Ende Februar. "Er ist Aktivist, Idealist und ungeeignet", sekundierte Timur Husein (CDU): "Herr Schmidt hätte unseren Bezirk beinahe pleite gemacht." Sebastian Forck (SPD) warf Florian Schmidt selbstherrliches Agieren vor. Er sei nicht länger als Stadtrat zu tragen. Die Linken sagten gar nichts, für die Grünen hielt Julian Schwarze den Antragstellern vor, generell "gegen eine gemeinwohlorientierte Mietenpolitik anzugehen" und das kommunale Vorkaufsrecht "als solches torpedieren" zu wollen. Sein Argument, dass der Bezirk gar kein 27-Millionen-Euro-Risiko eingegangen sei, hatte aber bereits der Rechnungshof zurückgewiesen.
Am Ende musste schriftlich abgestimmt werden, das dauerte einige Wochen und seit Kurzem ist nun das Ergebnis bekannt: Für die Abwahl stimmten 16 BVV-Mitglieder, aber 30 dagegen bei einer Enthaltung. Das bedeutet, dass sich Florian Schmidt wohl zumindest bis zur Wahl im September weiter auf die Unterstützung nicht nur der Kreuzberger Grünen, sondern auch der Linken verlassen kann. Die kann er allerdings auch brauchen: Im Zusammenhang mit der Ausübung des Vorkaufsrechts beschäftigt sich derzeit ein Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses mit der Diese eG. Heftiger Gegenwind schlägt dem Baustadtrat auch beim Brandschutz in der besetzten Rigaer Straße 94 entgegen (dazu hier eine aktuelle Zusammenfassung von Alexander Fröhlich im "Tagesspiegel").